Unser Salzkammergut
Thomasnacht und Liebesorakel
Fünf originelle Winterbräuche, die nicht jeder kennt

Bräuche bereichern das Leben der Menschen, geben ihnen Halt und begleiten sie durchs Jahr. Bis heute besteht im Salzkammergut eine außergewöhnlich bunte Vielfalt an Bräuchen – entstanden aus purer Freude, aus Notwendigkeit oder durch religiöse Vorgaben. Manche Eigenart hat sich bewahrt, manches wurde an den Zeitgeist angepasst. Bis auf die Liste der Immateriellen Kulturgüter der UNESCO haben es einige geschafft. Dazu zählen eine ganze Reihe überregional bekannter, aber auch stillere, weniger populäre Bräuche. Fünf dieser originellen Winterbräuche, die nicht jeder kennt, möchten wir an dieser Stelle beleuchten.

BUCHTIPP
Bräuche im Salzkammergut – Gelebte Tradition im Jahreskreis. (Sandra Galatz)
ISBN 978-3-7025-0948-4, Verlag Anton Pustet, € 25
Wer klopfet an?
Wetterfleck, Hut, Laterne und Stock: Die Anklöpfler sind wieder unterwegs. Bräuche, die der Seele guttun, haben das Potenzial sich auszubreiten, heißt es. Das Anklöpfeln ist so ein Brauch, der sich über den Salzburger Raum hinaus verbreitet hat. Es handelt sich um einen sogenannten „Heischebrauch“, der es in früherer Zeit den wenig Begüterten ermöglichte, zu Weihnachten nicht hungern zu müssen. Im Salzkammergut wird der Brauch vor allem am Wolfgangsee zelebriert. Als Klöpfelnächte gelten die drei Donnerstage vor dem Heiligen Abend. Eine Schar Hirten, zum Teil in Begleitung des hochheiligen Paares und manchmal sogar mit Esel, zieht von Haus zu Haus. Adventlieder und kurze Hirtenspiele bringen Weihnachtsstimmung in die Häuser. Anklöpflergruppen formieren sich aus verschiedenen Vereinen, wie Chören. Während man einst Naturalien in mitgebrachten Körben sammelte, belohnt man die Darbietungen der Anklöpfler heutzutage meist mit Geld, das für wohltätige Zwecke gespendet wird.
Wussten Sie, dass …?
Ein Heischebrauch ist ein Brauch, bei dem es um das Erbitten von Gaben geht. Beispiele dafür sind Herbergssuchen, Anklöpfeln oder Sternsingen.
Liachtbradlmontag – „Da Michel zündet’s Liacht an“

Wenn der Herbst Einzug hält und die Tage kürzer werden, zündet man zu Hause wieder öfter Kerzen an und am Arbeitsplatz wird ab dem späteren Nachmittag wieder bei Licht gewerkt. Als Stichtag dafür gilt seit jeher der 29. September, der Festtag des Erzengels Michael, der Michaelitag. „Der Michl zündet’s Licht an“, lautet ein bekannter Ausspruch, der auch für Bauern das endgültige Ende des Almsommers markiert. Für die Frauen war Michaeli früher der Zeitpunkt, an dem sie ihre Spinnräder für das Winterhalbjahr hervorholten. Vor allem die Handwerker in ihren Werkstätten waren gezwungen, ab Michaeli bei Licht zu arbeiten, was mit einem Mahl, dem sogenannten Liachtbradl zelebriert wurde, zu dem der Meister seine Gesellen einlud. Als Termin dafür gilt der Montag danach oder der Michaelitag selbst, wenn dieser auf einen Montag fällt. Der „Liachtbradlmontag“ ist heute wieder in Mode und hat sich zu einem traditionellen Fest für alle gewandelt.
Wussten Sie, dass …?
In der Kaiserstadt Bad Ischl ist der Liachtbradlmontag fast schon ein Feiertag. Altersjubilare werden besonders geehrt (50., 60., 70. Geburtstag und höhere) und ziehen in einem Festzug durch die Stadt. Viele Ischler Arbeitgeber laden seit über 100 Jahren zum „Liachtbradln“ in ein Gasthaus – mit ein Grund, warum dieser Brauch in Bad Ischl 2011 zum Immateriellen Kulturgut der UNESCO wurde.
D’Frau kimmt

Das Frautragen oder Herbergssuchen gehört eher zu den stillen, weniger bekannten Adventbräuchen. Ein Bild, das die Heilige Familie zeigt, die schwangere Maria, Figuren von Josef und Maria mit einem Esel oder einfach eine Marienstatue, wird als „Herberg“ bezeichnet und allabendlich von Haus zu Haus getragen. Als Quartier für den hohen Besuch dient meist der weihnachtlich geschmückte Herrgottswinkel oder ein kleiner dafür errichteter Altar. Ist die von einer betenden Schar begleitete „Herberg“ angekommen, wird eine kurze Andacht mit Rosenkranzgebeten und Marienliedern abgehalten. In einem gemütlichen Beisammensein klingt nach der Hausandacht der Abend aus. Der genaue Ablauf variiert von Ort zu Ort. Mancherorts sucht die heilige Maria vom ersten Adventsonntag bis zum Heiligen Abend eine Herberge, anderswo in den letzten neun Tagen vor Weihnachten. Wenn jemand sagt: „Wir bekommen heut‘ d’Herberg“, heißt das, dass sich diese Familie darauf einstellt, für die Betschar eine kleine Stärkung vorzubereiten. Vor allem die ländliche Bevölkerung erwartet sich durch das Beherbergen des Marienbildnisses Glück, Schutz für Haus und Hof sowie Erntesegen.
Wussten Sie, dass …?
Das Frautragen oder Herbergssuchen kennt man vor allem aus einigen Salzburger Gemeinden, aber auch in Oberösterreich, Tirol und der Steiermark sowie im Salzkammergut in Gmunden, Altmünster, Strobl oder St. Gilgen hat sich dieser Adventbrauch, der bis in die Barockzeit zurückreicht, gehalten.
Lesen Sie die ganze Geschichte in der Winterausgabe von "Unser Salzkammergut"...
Text: Petra Kinzl
Fotos: Salzburger Land Tourismus, Shutterstock