Unser Salzkammergut
Rrrrrrrrrrröstfrisch am Traunsee

Wenn die kleine, familiengeführte Kaffeerösterei in der Satoristraße frisch röstet, zieht ein feines Aroma von Arabica Bohnen durch die Gassen von Gmunden. Im Jahr 1935 gegründet, kümmert sich Marlene Drack nun in 4. Generation um den „Nussbaumer Kaffee“. Ein Segen. Nicht nur für den Großvater der Unternehmerin, sondern auch für Kaffeegenießer hierzulande und Kaffeebäuerinnen in Guatemala.
Text: Zivana de Kozierowski
Fotos: Monika Löff
Von außen sieht man gar nichts. Von außen ist die Satoristraße 13 in Gmunden unscheinbar. In dieser stillen Wohnstraße deutet nur ein kleines Schild an der Hausmauer auf die Rösterei „Nussbaumer Kaffee“ hin. Der ehemalige Leseraum des früheren Kurhotels, der den Gästen seinerzeit nicht nur Entspannung, sondern auch einen großartigen Blick über den Traunsee servierte, ist seit 1935 Lagerraum und Kaffeerösterei zugleich.
Tritt man ein, begibt man sich auf eine Reise in eine eigene Welt: Man sieht ... Regale, Regale, Regale, bis zur Decke hinauf prall gefüllt mit dicht an dicht gestapelten Jutesäcken voll Kaffee. Ein kleines Kaffee-Universum sozusagen. Mittendrin – die große Röstmaschine aus den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Vintage-Optik pur, ein Blickfang für Kenner. Und über allem der betörende Duft nach frisch geröstetem Kaffee.

Kaffee – Stichwort und Begrüßung zugleich: „Darf ich euch einen Kaffee anbieten?“ Noch bevor sich die Gelegenheit ergibt, Fragen zu stellen, haben wir schon einen frisch gebrühten Espresso mit kräftigem Aroma vor uns stehen. Bohnenmischung „La Tazza Nera“, die schwarze Tasse. Serviert von Marlene Drack, Österreichs jüngster Kaffee-Sommelière. Sie und ihr Großvater, Manfred Drack, sind die tragenden Säulen des kleinen Familienbetriebs. Eine 4-Mann/Frau-Show. Mit im Boot die tüchtige Frau Döller und noch ein Außendienstmitarbeiter, der aber gerade unterwegs ist, damit die regionale Gastronomie nicht auf ihren Kaffee warten muss ...
Kaffee aus sieben Herren Länder
Kaffee spielt im Leben von Manfred Drack bereits seit 50 Jahren eine große Rolle. „Wir rösten ausschließlich Arabica-Kaffeesorten, da sind wir sehr traditionell. Wir verwenden den brasilianischen Kaffee als Basis und „würzen“ ihn mit Bohnen aus Costa Rica, Kenia oder auch aus Honduras. Je nachdem ob das Ergebnis ein kräftiger italienischer Espresso sein soll oder ein milder, feiner Frühstückskaffee in Form einer Wiener Traditionsmischung.“ Manfred Drack öffnet ein paar Kaffeesäcke unterschiedlicher Herkunft, um exklusiv für uns einen Röstvorgang zu starten.
Enkelin Marlene wirft hierfür die imposante Röstmaschine an. Die Maschinengeräusche dominieren jetzt den Raum und die Stimme der jungen Frau wird gleich um ein paar Nuancen lauter: „Insgesamt haben wir Kaffeesorten aus sieben Ländern hier. Kenia macht die Tasse beispielsweise sehr vollmundig, Costa Rica bringt eine leicht feine Säure in den Abgang, das merkt man dann natürlich im Kaffeegeschmack, der einem noch eine Zeit lang im Mund bleibt. Und das genau ist das Ziel, welches wir als Kaffeeröster haben – dieser angenehme, leichte fein-bittere Geschmack im Abgang“, fügt Marlene Drack hinzu.
„Einerseits sind wir bemüht, von jeder Sorte nur den besten Rohkaffee zu kaufen. Und andererseits kommt es auf das richtige Mischverhältnis an. Wie der Opa immer zu sagen pflegt: Du kannst dem besten Koch das beste Stück Fleisch geben, aber ohne Salz und ohne Pfeffer wird er kein tolles Gericht auf den Tisch zaubern können. So ähnlich ist das auch beim Kaffee.“
Das Herz der Rösterei
Geschickt hantiert sie an der riesigen Röstmaschine, die bereits vom Urgroßvater angeschafft wurde, und befüllt sie mit den noch grünen Kaffeebohnen: Das „Herz der Rösterei“ ist Baujahr 1956 und hat eine kleine Silberplakette mit der Bezeichnung „Menado Superior“. „Deutsche Nachkriegsqualität aus Ludwigsburg und für mindestens acht Generationen gebaut,“ erzählt Manfred Drack stolz und die Enkelin betont: „Manchmal bekommt die Gute ein Service, da wird ordentlich geschmiert und dann läuft sie wieder wie neu.“
Doch leider gibt es kaum noch Techniker, die eine Maschine wie diese bedienen und bei Bedarf auch fachgerecht reparieren können. Beobachtet man jedoch die ambitionierte Nachfolgerin von Herrn Drack senior, ist man überzeugt: Die „Menado Superior“ ist auch für die nächste Generation in besten Händen. Unsere Kaffeemischung braucht übrigens genau 18 Minuten für den Röstvorgang in der Trommel, die mittels Gasflamme beheizt wird.
Von klein auf kaffeebegeistert
Marlene Drack ist in den Familienbetrieb so richtig hineingewachsen. Im Nachbarhaus groß geworden, hatte sie bereits als Kind ihre ersten Assoziationen zu Kaffee. „Wenn ich im Sommer bei offenem Fenster schlief, hat es immer so gut nach frisch geröstetem Kaffee geduftet. Das hat mich begeistert und sicher auch sehr geprägt“, schwärmt sie. „Wenn Freundinnen zu Besuch waren, sind wir in die Rösterei gegangen und haben zwischen den Kaffeesäcken Verstecken gespielt, oder ich habe dem Opa am Samstag beim Rösten zugeschaut und gefragt, ob ich helfen darf.“
Die Enkelin durfte dann die Etiketten auf die Verpackungen kleben und irgendwann mit 14 oder 15 habe sie zum Opa gesagt, sie würde gerne lernen, wie man das macht: Kaffee rösten. „Er hat sich zwar über mein Interesse gefreut“, lacht die 25-Jährige, „aber gleichzeitig hat er sich wohl auch gedacht: Was will denn dieses kleine Mädchen hier an dieser großen, schweren Maschine?“
Heute ist der Großvater sehr froh über die Entscheidung der Enkelin, den Betrieb zu übernehmen, er hätte sonst verkaufen müssen. „Auch rein genetisch gesehen“, erzählt Marlene Drack, „bin ich sozusagen die Auserwählte! Die Schwester, die Oma und die Mama vertragen allesamt kein Koffein, sie bekommen vom Kaffeetrinken Herzrasen.“
Zurück zur Rösterei
„Obwohl hier immer der gleiche Vorgang passiert, gilt es, sich als Röster auf das Wesentliche zu konzentrieren“, so Marlene Drack. Das Entscheidende ist immer dieser Moment, kurz bevor die Bohne den richtigen Röstgrad erreicht hat. „Wir rösten mit Gas und offener Flamme. Genauer gesagt mit zwei Flammen: Einmal wird direkt in die Trommel geheizt und einmal wird der Mantel mittels großer Flamme erhitzt, damit die Rohkaffeebohne möglichst gleichmäßig geröstet wird.“
Bei diesem langsamen, schonenden Trommelröstverfahren ist es das Ziel, dass die Kaffeebohne außen genauso braun ist wie innen. Ein Röstvorgang dieser Art dauert 18 Minuten bei langsam aufsteigender Hitze. Ein Zeichen für den richtigen Röstungsgrad ist das „Knacken“ der Bohnen, das man auch deutlich hören kann.

Manfred Drack und seine Enkelin Marlene in der Rösterei in Gmunden.
Herzensprojekt Lampocoy
Um die Welt des Kaffees auch außerhalb der eigenen vier Wände kennenzulernen, hat Marlene Drack vor ein paar Jahren beschlossen, dorthin zu reisen, wo die „Kaffeekirschen“ herkommen. Eine Entscheidung mit Folgen, denn mit dieser Reise wurde der Grundstein gelegt für das Herzensprojekt der Jungunternehmerin. Gleichzeitig eine wunderschöne Geschichte: In einem kleinen Bergdorf namens Lampocoy im Osten Guatemalas wird seit über 100 Jahren exzellenter Kaffee angebaut. In diesem Dorf ist Marlene Drack schließlich auf ein Projekt gestoßen, bei dem sich 57 Frauen zusammengefunden haben, um auf ihren eigenen Grundstücken Kaffee zu produzieren – fair und möglichst unabhängig.
„Die Frauen werden nun gerecht bezahlt, können ihr Geld selbst verwalten und dadurch auch ihre Kinder zur Schule schicken“, erzählt die Unternehmerin aus Gmunden. „Um die Lebenssituation der Kaffeebäuerinnen in Guatemala zu verbessern und den Verbrauchern in Europa einen wirklich hochwertigen Lagenkaffee anbieten zu können, zahlen wir für den Rohkaffee einen Preis, der derzeit 45 Prozent über dem Weltmarktniveau liegt.“
Durch diese Einnahmen und zusätzliche Spenden von europäischen Röstereien und Konsumenten wird das Dorf und die Kooperative in Form von Sachwerten und Infrastrukturmaßnahmen unterstützt – das sind vor allem Investitionen in das Schulwesen und in das Gesundheitssystem. Aber natürlich profitiert auch die Qualität des Kaffees von diesen Investitionen. Zusätzlich dazu hat „Nussbaumer Kaffee“ 2019 in Eigenregie den Bau einer Schule in Lampocoy finanziert.
Wenn Marlene Drack von ihrem Herzensprojekt erzählt, zieht sie einen schönen Vergleich: „Gib einem Hungernden einen Fisch und er wird satt. Zeige ihm, wie man angelt und er wird nie mehr hungern. So ist das auch mit der Schule und dem Frauenprojekt, das wir unterstützen – eine sehr nachhaltige Sache und ein Schritt in die richtige Richtung.“
Sie hat nun vor, jedes Jahr in ein Kaffee produzierendes Land zu fahren und die Kaffeebauern vor Ort zu besuchen, um dort faire Arbeitsbedingungen zu fördern und die Kaffeebauern nachhaltig zu unterstützen.
Nähere Infos unter: www.nussbaumer-kaffee.at