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  • AutorenbildUnser Salzkammergut

"Mode ist gelebte Geschichte“

Was Mode mit Anthropologie zu tun hat und wie „Ethical Fashion“ im Salzkammergut aussieht, darüber haben wir mit der Modedesignerin und Weltenbummlerin Martina Rastinger in ihrem neuen Gmundner Atelier gesprochen. Ein Lokalaugenschein.



Martina Rastinger, CEO & Head of Design des Labels „SO LCH LD – U & I are missing”


Die Gründerin des Labels „SO LCH LD – U & I are missing“, Martina Rastinger, macht auch in Jeans und T-Shirt mit Print „Atelier Rastinger“ eine gute Figur. So steht sie uns nämlich an diesem sonnigen Frühlingsmorgen gegenüber und führt uns anschließend durch das neu renovierte Altstadthaus in der Kirchengasse 13 in Gmunden. So wie Rastingers Label hat auch dieses Haus, in dem seit dem Vorjahr ihr neues Atelier untergebracht ist, eine ganz besondere Geschichte.

Seit 1851 in Familienbesitz war hier bis Ende der 1960er-Jahre die Bäckerei Rastinger untergebracht, dessen Zunftschild am Haus – von der namhaften Keramikmanufaktur Schleiss gefertigt – seit Jahrzehnten einen Bäckerbuben zeigt. Dieser guckt nun von Rastingers T-Shirt, mit dem feinen Unterschied, dass er keinen Striezel unterm Arm hält, sondern eine rote Handtasche.

Rastingers Logo ist Sinnbild dafür, wie Geschichte, Tradition und Innovation künftig die Grundlage für die Nutzung des Hauses bilden werden – wo auch in Zukunft das Brotbacken neben der Mode einen Platz finden wird. Denn die Küche, in der wir das Gespräch führen, ist die Backstube des Großvaters, in der regelmäßig gebacken wird. Und auf dem Flatscreen an der Wand läuft gleichzeitig das Video einer Kollektion, welche die Designerin bei der Vienna Fashion Week vorgestellt hat ...



Chemiefrei gegerbtes Leder und bereits existente Stoffe aus früheren Jahrzehnten bilden die Grundlage jeder Kollektion.


Frau Rastinger, was steckt hinter dem Namen Ihres Labels „SO LCH LD – U & I are missing“?

Dieses Label gibt es seit mittlerweile fast 17 Jahren, die Gründung erfolgte im Dezember 2005. „SOULCHILD“ (SO LCH LD – U & I are missing) steht dafür, im Herzen Kind zu bleiben. Und „U & I are missing“ steht für die Zusammenführung unterschiedlichster kultureller Einflüsse in nur einem Design oder einer Kollektion.

Apropos kulturelle Inspirationen – Sie haben ja ursprünglich Anthropologie studiert? Wie kamen Sie dann zur Mode?

Ich bin eigentlich über die Kunst zur Mode und zur Anthropologie gekommen. Und die Anthropologie hat mich wieder zur Mode geführt. Kreative Prozesse lassen sich für mich sehr schwer trennen. Ziel meiner Vorhaben ist immer eine eingehende Vernetzung unterschiedlichster Disziplinen im Design-, Kunst- und Kultursektor, sowie die Sichtbarmachung der Vereinbarkeit. Und Anthropologie – früher wurde das auch als Völkerkunde bezeichnet – beschäftigt sich eingehend mit kulturellen und sozialen Prozessen, insofern konnte ich diese Kriterien gut in der Mode umsetzen.

Die Anthropologie hat Sie auch nach Thailand geführt, wo Ihre ersten Kollektionen entstanden sind – mit dem Schwerpunkt „Ethical Fashion“ …

Ja, im Zuge meiner Diplomarbeit auf der Universität habe ich mich sehr intensiv mit dem Thema Ethical und Nachhaltigkeit beschäftigt und zwar zu einem Zeitpunkt Anfang der 2000er-Jahre, als das noch keine so präsenten Begriffe waren wie heute. Thailand war ein anderer Schwerpunkt meiner Diplomarbeit, in der Zeit habe ich auch die Landessprache gelernt. Neben Wien war Bangkok eine Zeit lang ein zweites Zuhause für mich. Aufgrund meines Hintergrunds der Kultur- und Sozialanthropologie war für mich der Zugang über den Ansatz „Act local, think global“ der beste Weg, um das Thema Fast Fashion in den Mittelpunkt der Wahrnehmung zu rücken. Denn Nachhaltigkeit hat nicht nur mit Ressourcennutzung, sondern auch mit fairen Arbeitsbedingungen zu tun.

Während meiner Studienzeit wurden die Produktionsstätten in Thailand und das traditionsreiche Schneiderhandwerk, vor allem in Bezug auf die Verwendung der hochwertigen Thaiseide, durch Fabriken in Bangladesch abgelöst. Viele Schneiderinnen konnten somit ihren Lebensunterhalt nicht mehr verdienen. Also begann ich, ein Netzwerk an Schneiderinnen vor Ort zu schaffen, die dann unter fairen Bedingungen ihre Kenntnisse bei der Entstehung meiner Kollektion mit einbringen konnten.

In dieser Form habe ich das etwa zehn Jahre lang – jeweils einige Monate im Jahr vor Ort in Thailand praktiziert und seit gut neun Jahren bin ich wieder in Österreich.

Was war für Sie der Anstoß, wieder zurück nach Gmunden zu kommen?

Die Sehnsucht, diesen Schritt zu setzen, bestand schon länger. Nach 17 Jahren Wien und unzähligen Reisen hat es mich dann doch wieder hierher zurückgezogen. Nicht ganz unschuldig an diesem abrupten Wandel sind mein sechsjähriger Sohn und die Pandemie.

Da kam dieses Haus, diese Perle in der Altstadt von Gmunden, wie gerufen. Denn wie bei meiner Mode spielt auch hier das Thema Nachhaltigkeit und Ressourcennutzung eine wesentliche Rolle. Die Bäckerei Rastinger war bis Ende der 1960er- Jahre in diesem Haus untergebracht, seither stand es leer. Dieses denkmalgeschützte Haus hier in der Innenstadt Gmundens ist ja wie ein ungeschliffener Diamant.

Mir war es außerdem überaus wichtig, die ursprüngliche Nutzung des Hauses, wie auch das alte Schild mit dem Bäckerbuben, wieder zu integrieren. So hat mein Großvater, Robert Rastinger, beispielsweise sein kleines privates Bäckerreich hier gleich neben meinem Atelier.


Ich hatte immer einen hohen Anspruch in Hinsicht auf ‚Ethical Fashion‘.


Text: Zivana de Kozierowski Fotos: Mona Lorenz

Lesen Sie die ganze Geschichte in unserer aktuellen Ausgabe von "Unser Salzkammergut" ...
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