Unser Salzkammergut
Hebenstreit und das Wasser
SeeSCAPES: Rund 30 Bilder hat Künstler Manfred Hebenstreit in diesem Jahr vom Salzkammergut gemalt. Dafür nahm er eine spezielle Perspektive ein: Unterwasser. Einige Werke beeindrucken großflächig, als Drei-Meter-Glasleuchtbilder.

Das intensive Türkis des Attersees, das Tintenblau des Traunsees, die „Fifty Shades of Green“ der vielen Gebirgsseen: Das Hebenstreit-Projekt „SeeSCAPES“ konzentriert sich ganz auf das Thema Wasser. Schon in den Jahren 2005 bis 2010 fotografierte der Künstler die Unterwasserlandschaften der Weltmeere und schuf daraus Serien von Glasleuchtbildern mit Wassermotiven. Neuere „Wasser-Werke“ kommen aus Sri Lanka oder vom indischen Ganges. Seit dem Frühjahr 2020 richtet der Künstler, der zu den bedeutendsten Malern Oberösterreichs zählt, seinen Fokus gezielt auf heimische Gewässer. Um den Genius loci, also den Geist des Ortes festzuhalten, schlüpft Hebenstreit in den Neoprenanzug, steigt in Kleinflugzeuge oder wandert zu Kleinoden, die nur zu Fuß erreichbar sind. Seine Frau Billa begleitet ihn und dokumentiert alles. Das Paar ist ein eingespieltes Team. Mit zwei Unterwasserkameras entdeckt es die Welten unter der Wasseroberfläche. Das vielfältige Farb- und Formenspektrum lässt der Künstler in seine Malereien auf Leinwänden, Glas oder Spiegel einfließen. Eine aktuelle Ausstellung dazu ist in der Villa Seilern in Bad Ischl zu sehen. Es scheint, als sei das erst der Ursprung einer unerschöpflichen Quelle, denn im Gespräch sprudeln die Ideen noch und nöcher. UNSER SALZKAMMERGUT hat das Künstlerehepaar, das in einem ländlichen Anwesen in Peuerbach an der Pforte zum Naturschutzgebiet lebt, besucht.

War „SeeSCAPES“ schon länger geplant oder aus dem Corona-Lockdown heraus geboren, weil das Reisen plötzlich nicht mehr möglich war?
Manfred Hebenstreit: Tatsächlich wäre eine neuerliche Indien-Reise angestanden, die ich aufgrund des Lockdowns absagen musste. Doch das Salzkammergut beschäftigt mich schon länger und jetzt war ein guter Zeitpunkt, mich in den Seen sozusagen zu vertiefen.
Ihr Weg als Künstler war immer ein Auf-der-Reise-Sein, die permanente Suche nach typischen Formen und Motiven, nach besonderen Orten und Plätzen auf der ganzen Welt. Sind Sie Neuling oder Kenner im Salzkammergut?
Billa Hebenstreit: Vor fünf Jahren fand eine internationale Sommerakademie am Traunsee statt. Es gab einen Auftrag vom Restaurant „Bootshaus“ für ein großes Unterwasserbild. Das hängt jetzt dort vor Ort. Dafür ist Manfred jeden Tag um sechs Uhr früh schon in den See gesprungen, um dort zu tauchen und Unterwasserfotos zu machen. Daraus entstanden die ersten Wasserbilder vom Salzkammergut.
Manfred: Zuvor schon entstand für die Landesausstellung 2008 im Schloss Ort eine Serie, inspiriert von der Geschichte vom Riesen von Erla und der Nixe, wie das Schloss auf dem Felsen entstanden ist. Das Thema Salzkammergut begleitet mich also schon eine Weile.
Im heurigen Frühjahr haben Sie dann Seen wie Attersee, Traunsee oder Almsee besucht. Waren Sie von der Unterwasserwelt überrascht?
Billa: Ja, es sind wirklich Überraschungen, die wir erleben. Zum Beispiel am Almsee, wo uns die Unterwasser-architektur mit intensiv blau-leuchtenden Pflanzenresten in Staunen versetzt hat. Oder die Pfahlbauten im Traunsee, Attersee oder Mondsee sind auch sehr spannend.
Manfred: Für mich besonders faszinierend ist die sogenannte Oberwelt und Unterwelt. Ich versuche immer einen Blickwinkel zu finden, wo ich zum Teil mit der Kamera noch etwas von der Landschaft darüber einfangen kann. Sehr interessant für mich sind die Brechungen des Lichtes. Und dann ist da die neue Welt, die unter Wasser entsteht, in dem Augenblick, in dem man mit dem Kopf darin eintaucht. Da tauchen unwahrscheinliche neue Assoziationen von Landschaften und Architekturen auf, oder es spiegeln sich Geschichten wie eben jene vom Riesen Erla wider. Es gibt hier sehr viele Assoziationsketten, die die Fantasie anregen.

Die Unterwasseraufnahmen mit der Kamera sind dann Ausgangsbasis für Ihre Bilder?
Manfred: Ja, ich führe sozusagen Regie mit den Informationen, die ich durch die Kamera bekomme, ähnlich wie ein Filmemacher. Danach fällt die Entscheidung, ob ich auf Glas, Leinwand oder Spiegel arbeite oder gar ein Filmprojekt daraus wird.
Im Restaurant „Bootshaus“ am Traunsee hängt das genannte Bild neben dem Aquarium. Manche meinen, die zwei Welten würden regelrecht verschwimmen. Was ist an der Unterwasserperspektive für Sie so reizvoll?
Manfred: Für mich ist es ein eigener Kosmos. Jeder See hat eine andere Farbigkeit aufgrund der Zusammensetzung des Lehms, der Gesteine und der Mineralien sowie der Lichtbrechung. Auf dieser Grundlage erschaffe ich als Maler einen eigenen Bildkosmos. Menschen geben mir die Rückmeldung, dass sie wiederum ihre eigene Fantasie weiter spinnen in den Bildern. Ich bin sozusagen nur der Überbringer.
Billa: Es gibt in den Seen auch unglaublich viele Farben. Ein Botaniker hat uns bestätigt, dass jeder dieser Seen seine eigene Fauna und Flora hat – bestimmte Tiere, bestimmte Pflanzen, die es nur dort gibt.
Was bedeutet das Element Wasser für Sie?
Manfred: Ich war von Kind an eine Wasserratte. Ich fühle mich dem Element Wasser sehr verbunden. Ich war schon als Bub immer bis zur Sperrstunde im Schwimmbad oder am Badesee. Künstlerisch beschäftige ich mich seit etwa zwölf Jahren mit dem Element Wasser.

Wie schwierig ist es, die Nuancen des Wassers festzuhalten?
Manfred: Genau das ist im wahrsten Sinne dann die künstlerische Arbeit. Es macht natürlich einen Unterschied, ob ich ein dunkles Schwarz-Blau male oder ein faszinierendes Türkis-Grün. Das ist die Psychologie der Farben, die einen berührt.
Billa: Wir bezeichnen das als Schule des Sehens. Beispielsweise dieses einzigartige Grün-Türkis des Almsees war ein langes Hintasten. Zum Teil müssen die Farben auch luzid sein, also durchscheinend wirken. Das lasierende Malen ist eigentlich die hohe Kunst.
Manfred: Das ist eigentlich für mich auch wieder eine völlig neue Art des Malens, die ich mir da angeeignet habe – in gewisser Weise angelehnt an die Alten Meister. Es sind bis zu 40 Schichten, die nach und nach aufgetragen werden, damit das Gefühl der Tiefe des Wassers entsteht.
Die saftig-grünen Aquarelle aus Andalusien sprechen eine komplett andere Bildsprache als etwa Ihre farbexplosiven Indien-Bilder. Gibt es eine Farbwelt, die für das Salzkammergut typisch ist?
Manfred: Nein, eben nicht. Jeder See hat eine andere Farbigkeit. Klassisches Beispiel ist der Attersee, der einen Farbkosmos hat wie kein anderer. Der Almsee ist wieder ganz anders wie der Gosausee oder Traunsee und der Hallstättersee hat wieder einen ganz eigenen Charakter. Die Faszination ist auch das Monochrome, die Ruhe, die entsteht. Man kann meditativ in diese schönen großen Farbflächen eintauchen. Es ist die farbige Kraft, die in den Bildern dann zum Ausdruck kommt.
Billa: Die Menschen profitieren nicht nur von dem Anblick, sondern von der gesamten Energie, die in einem Bild drinnen steckt. Das ist wie Farbtherapie. Nicht ohne Grund verwendet Manfred die fotografischen Bilder mit – denn da ist der Genius loci, also der Geist des Ortes, mitverpackt.
Wie erfahren sind Sie als Taucher?
Manfred: Genaugenommen bin ich Schnorchler. Für das Tauchen bräuchte ich künstliches Licht. Ich schnorchle so weit hinunter, wie das Sonnenlicht reicht. Für mich am spannendsten ist es in eineinhalb bis zwei Metern Tiefe. Manchmal reicht es sogar schon, nur mit der Kamera einzutauchen.

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Text: Petra Kinzl Fotos: Privat, Marco Prenninger
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