Unser Salzkammergut
Aus Liebe zur Natur
Eine Laubsäge, viel Geduld und ein paar „Abwurfstangen“ – mehr braucht Gerhard Götzendorfer aus Laakirchen nicht, um eine kleine Miniaturwelt nach dem Vorbild von Flora und Fauna zu erschaffen: Knöpfe, Jagdmessergriffe und Trachtenschmuck werden hier mit viel Leidenschaft und Fingerspitzengefühl aus schneeweißem Hirschhorn geschnitzt.

Text: Zivana de Kozierowski Fotos: Monika Löff
Der erste Eindruck: bescheiden, unauffällig und klein. So wirkt die Werkstatt im Hinterhof von Gerhard Götzendorfers Privathaus in Laakirchen. Dass in diesem Raum Besonderes geschaffen wird, sieht man nicht sofort. Seit den frühen 1990er-Jahren entsteht hier große Handwerkskunst, die aber in der Regel nicht größer ist als das Ziffernblatt einer Armbanduhr. Ein Widerspruch? Im Gegenteil. Auf einer Fläche von nur zwei bis fünf Quadratzentimetern fertigt Götzendorfer dreidimensionale, kunstvolle Miniatur-Motive aus Hirschhorn. Er arbeitet dabei mit extrem feinen Sägeblättern. Eine Kunst, die nur wenige beherrschen.
Kunst aus Hirschhorn
Ein paar Bleistiftstriche, eine kleine Skizze, das ist die Vorlage. Auf einer Rosette, dem Ansatz eines Rothirschgeweihs, soll nun ein Hirschmotiv inmitten einer Reihe von Tannenbäumchen entstehen. Wo man ohne Brille kaum die Bäume erkennen kann, werden die Konturen im Zehntelmillimeterbereich ausgesägt. „Zuerst bohre ich rund um das eigentliche Motiv kleine Löcher, um dort die Laubsäge einfädeln zu können“, erläutert Götzendorfer. „Dann werden die mit Bleistift vorskizzierten Motive ausgesägt.“
In der Werkstatt ist es angenehm ruhig, das einzige Geräusch ist das leise Raspeln der Säge. Fast meditativ. Der 59-jährige Handwerker wirkt gelassen und zufrieden. Jetzt erzählt er, wie er zu dieser uralten Handwerkstradition gekommen ist, die lange Zeit in Vergessenheit geraten war und erst seit Beginn der 1990er-Jahre wieder Aufschwung erfahren hat: „Begonnen hat die Leidenschaft für das Hirschhornschnitzen bereits in meiner Kindheit, vor allem aus Liebe zur Natur. Jedes Wochenende war ich mit dem Vater, der aus der Grünau im Almtal kommt, abseits der Wege im Wald unterwegs.“

Vorbild Natur
Eine wesentliche Voraussetzung, die man für dieses Handwerk benötigt, hat Götzendorfer dabei schon sehr früh gelernt: das genaue Beobachten bei seinen Streifzügen im Wald. „Wenn man bedenkt, dass mein Vater jeden Tag zweieinhalb Stunden zur Schule gegangen ist und die gleiche Zeit wieder zurück, kann man sich vorstellen, wieviel Zeit er Tag für Tag in der Natur verbracht hat. Diese Wege ist er später dann immer mit uns gegangen. Das waren für mich permanente Naturstudien und sie bilden zugleich auch die Vorgeschichte zu meinem Beruf. Nächstes Jahr werden es 30 Jahre, dass ich mit Hirschhorn mein Geld verdiene. Wahrscheinlich bin ich der Einzige hierzulande, der ausschließlich davon lebt.“
Doch da war noch ein anderes, einschneidendes Erlebnis in der Kindheit des Hirschhornschnitzers, das ihn nachhaltig geprägt hat. Götzendorfer legt sein Werkzeug zur Seite, steht auf und geht in den Nebenraum, um etwas zu holen. „Der zweite entscheidende Grund, warum ich mich seit meiner Kindheit für diese Materie begeistere, ist das hier.“ Er hält eine schon etwas ältere, aber sehr gut erhaltene Kinder-Lodenjacke in Händen.
„Diese handgefertigte Jacke aus meiner Kindheit hat meine Mutter für mich genäht, als ich etwa fünf Jahre alt war. Und die beiden geschnitzten Hirschhornknöpfe darauf hat ein Arbeitskollege meines Großvaters gemacht.“ Der Großvater sei in der Eisenau Holzknecht gewesen und habe mit Vorliebe Krippenfiguren geschnitzt. „Beim abendlichen Schnitzen in der Holzknecht-Hütte hat der Arbeitskollege aber nicht mit Holz, sondern mit Hirschhorn gearbeitet. Diese beiden Knöpfe auf meiner Jacke haben mir als Kind jedenfalls dermaßen gut gefallen, dass sie indirekt der Auslöser für mich waren, diesen Beruf zu wählen.“

„Das Wichtigste ist die Beobachtungsgabe, das Auge fürs Detail sowie handwerkliches Geschick.“
Gerhard Götzendorfer
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